Auge um Auge

#Meinungsartikel von S.N.
#Oktober 2023

Der Imperialismus hat Angst vor China und den arabischen Völkern. Israel und Taiwan sind die Stützpunktgebiete des Imperialismus in Asien. Ihr seid die Vordertür zu diesem riesigen Kontinent, und wir sind die Hintertür. Das Ziel ist in beiden Fällen das gleiche. Asien ist der grösste Kontinent der Welt, und der Westen will ihn weiter ausbeuten. Der Westen mag uns nicht, und wir müssen diese Tatsache anerkennen. Der Kampf der arabischen Völker gegen den Westen ist gleichzeitig auch ein Kampf gegen Israel.1

Am vergangenen Wochenende hat die Palästinensische Islamische Widerstandsbewegung (Hamas) in mehreren besetzten palästinensischen Gebieten rund um den Gazastreifen eine grosse Militäroffensive gegen die zionistischen Streitkräfte gestartet. Der besonders militante Charakter dieser Offensive hat die Welt schockiert und alle möglichen Anschuldigungen hervorgerufen, sogar von selbsternannten Linken, die die «Gewalt» gegen die «Zivilbevölkerung» in «Israel» verurteilen. In diesem Artikel möchte ich diese selbstgerechten Apologeten des zionistischen Kolonialismus kurz widerlegen, mit besonderem Augenmerk auf diejenigen, die behaupten, «Kommunisten» zu sein.

#1. DIE VERBRECHEN DIESES SCHULDIGEN LANDES KÖNNEN NIEMALS, WENN NICHT MIT BLUT, GEREINIGT WERDEN

Der «Staat Israel», also der zionistische Staat, ist eine Schöpfung des westlichen Imperialismus. Während des Ersten Weltkriegs (1914-18) hat Grossbritannien Palästina dem Osmanischen Reich gewaltsam entrissen. Als Gegenleistung für die Unterstützung versprach Grossbritannien, dass die zionistische Bewegung Palästina kolonisieren dürfe, ohne Rücksicht auf die einheimische arabische Bevölkerung (die sowohl Muslimen, Juden, Christen als auch anderen religiösen Gruppen angehörte). So begann ein grosser Zustrom europäischer und nordamerikanischer Juden in das koloniale Palästina, wobei die «Jüdische Legion» der britischen Armee als deren Vortrupp diente. Dies lag im Interesse des britischen Imperialismus, der bereits Erfahrung mit der Errichtung von Siedlerkolonialstaaten in Ländern wie den Vereinigten Staaten (Grossbritanniens Pilotprojekt in dieser Hinsicht), Kanada, Australien, Aotearoa (Neuseeland), Azanien (Südafrika) und Zimbabwe (Rhodesien) hatte. Die Gründung solcher Siedlerkolonialstaaten erlaubte es den britischen Imperialisten, eine «einheimische» Garnison und Arbeiterschaft zu unterhalten, mit der sie die Eingeborenen ausbeuten und unterdrücken und ihre natürlichen Ressourcen ausbeuten konnten, ohne Truppen für eine langwierige und blutige Besetzung einsetzen zu müssen, wie es in Grossbritanniens rohstoffgewinnenden Kolonien (wie Indien und Nigeria, zum Beispiel) der Fall war. So war «Israel» von seinen Anfängen in den 1920er Jahren an nichts anderes als ein Vorposten des westlichen Imperialismus.

Die jüdischen Siedler vertrieben die einheimischen Araber gewaltsam von ihrem Land, um Palästina zu erobern und zu kolonisieren. Rechtsextreme jüdische Milizen wie die Haganah [«Verteidigung»], die «Nationale Militärorganisation im Lande Israel» [IRGUN] und die «Kämpfer für die Freiheit Israels» [LEHI] (letztere verbündeten sich mit Nazideutschland) verübten Völkermorde in enormem Ausmass. Schätzungen zufolge wurden zwischen 1918 und '48, als der zionistische Staat offiziell gegründet wurde, mindestens 100'000 Palästinenser in ihrem Heimatland vernichtet. Dies war ein extrem brutaler Prozess, der nur mit solchen Völkermorden wie dem deutschen Streben nach «Lebensraum» in Osteuropa, dem nordamerikanischen «Manifest Destiny» und anderen derartigen Siedlerkolonialprojekten verglichen werden kann. Zweifellos schreckte dies viele Juden davon ab, nach Palästina auszuwandern, da die zionistische Bewegung — zu diesem Zeitpunkt in ihrer gesellschaftlichen Basis noch immer bourgeois (ihre Führung war damals schon und ist heute noch bourgeois) — keine Wurzeln in der arbeitenden Mehrheit der jüdischen Völker des Westens fand. Für diejenigen, die ein jüdisches Heimatland anstrebten, war in der Union der Sozialistischen Räterepubliken ein solches Gebilde, die Jüdische Autonome Provinz, geschaffen worden, in dem die Juden der Arbeiterklasse viel bessere Lebensbedingungen als in Palästina haben würden, ohne in einen völkermörderischen Eroberungskrieg verwickelt zu werden.

Dies änderte sich jedoch durch den Holocaust. 6'000'000 europäische Juden wurden im Laufe des Zweiten Weltkriegs vom deutschen Imperialismus und seinen Verbündeten und Lakaien vernichtet. Dies stärkte die zionistische Bewegung immens, da sie immer die antisemitische Lüge verbreitet hatte, dass die Juden «fremde Elemente» für die europäischen Nationalitäten seien und dass sie «ihre eigenes Vaterland finden» sollten, da «Assimilierung unmöglich» sei — genau die gleiche Argumentation, die von den Nazifaschisten benutzt wurde. Die zionistische Bewegung gewann eine gesellschaftliche Basis, die weitgehend aus der Arbeiterklasse stammte, und Millionen von Überlebenden des Holocaust wanderten nach Palästina aus, um (verständlicherweise) einem zweiten Völkermord zu entgehen, von dem die Zionisten überzeugt waren, dass er früher oder später kommen müsse (und dem Holocaust, der an einigen Orten nicht mit dem Krieg endete, wie zum Beispiel in Teilen Polens, wo er weiterging, bis die Rote Armee ihm ein Ende setzte). Die meisten dieser jüdischen Arbeiter wurden zu einfachen Lohnsklaven der zionistischen Kapitalisten, die sich in einem besonders brutalen Prozess der ursprünglichen Akkumulation bereits den Grossteil des palästinensischen Landes und der Ressourcen angeeignet hatten.

Als der zionistische Staat 1948 ausgerufen wurde, war er also weder ein imperialistischer Nationalstaat noch eine unterjochte Kolonie — er war ein Parasit, eine Schicht von Subunternehmern der imperialistischen Monopole im Westen, die sowohl das Blut des palästinensischen Volkes und der israelischen Arbeiterklasse aussaugte, alles zum Nutzen einer Handvoll zionistischer Grosskapitalisten und ihrer westlichen imperialistischen Verbündeten. Palästina und Israel sind beides Nationalitäten, die nie die Chance hatten, sich voll zu entfalten. Ihr gemeinsamer Kampf ist nationaler Natur, und der Kampf des israelischen Volkes im Besonderen enthält auch einen bedeutenden Klassenaspekt. Dies ist die Grundlage für eine echte neudemokratische Revolution in Palästina, die ununterbrochen in eine sozialistische Revolution übergehen kann, aber erst nach der Zerschlagung des zionistischen Staates und der Vertreibung der Imperialisten.

Bekanntlich praktiziert der zionistische Staat die brutalste Form der siedlerkolonialen Unterdrückung, die die Menschheit kennt — die Apartheid. Das Wort «Apartheid» ist eigentlich etwas unpassend, denn was «Israel» tut, erinnert eher an die Politik, die gegenüber den Juden vor der Wannseekonferenz und dem Beginn der Massenvernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas angewandt wurde. Entrechtung, Ghettoisierung, Kriegsrecht, Rassentrennung, brutale Unterdrückung, Extraausbeutung — all diese Verbrechen gehören zum Alltag des palästinensischen Volkes. Und nach dem Vorbild der südafrikanischen Faschisten des 20. Jahrhunderts haben die Zionisten sogar ihr eigenes «Bantustan» im Westjordanland eingerichtet, eine Marionettenregierung mit begrenzter Souveränität, die sie als Grundlage für ihre «Zweistaatenlösung» nutzen wollen — eine «Endlösung», die die internationale Anerkennung der zionistischen Politik der Ghettoisierung und langsamen Ausrottung des palästinensischen Volkes bewirken würde.

Als wäre das nicht genug, greift der zionistische Siedlerkolonialismus auch noch in das Bantustan des Westjordanlandes und das Ghetto des Gazastreifens ein, wobei palästinensisches Land unter Verletzung des Völkerrechts Stück für Stück annektiert wird. Jüdische Siedler aus Europa und Nordamerika brennen palästinensische Häuser nieder, sie schlagen, foltern, vergewaltigen, ermorden und massakrieren Palästinenser, die sich weigern, das Land zu verlassen, und sie führen bewaffnete Demonstrationen und Pogrome durch, bei denen sie zionistische Fahnen schwenken und skandieren: «Vergast die Araber!» Faschistische paramilitärische Organisationen operieren offen in diesen Gebieten, und die Israelischen «Verteidigungs»streitkräfte hinken den Siedlern immer nur einen Schritt hinterher, indem sie elektrische Zäune, Mauern, Überwachungskameras und Grenzkontrollen errichten, während die Siedler vorrücken, wobei die zionistische Regierung die Annexionen einige Jahre später legalisiert. Und diese Gebiete sind die Gebiete, in denen die Hamas jetzt ihre Offensive durchführt!

Gleichzeitig begnügt sich die zionistische Regierung nicht mit der Ausbeutung und Unterdrückung des palästinensischen Volkes. Nein, auch das israelische Volk — die Nachkommen der jüdischen Arbeiterklasse, die von der zionistischen Bourgeoisie nach dem Zweiten Weltkrieg zur Auswanderung nach Palästina verführt wurden, also nicht die Siedler, sondern die einfachen Israelis — leiden unter diesem Ausbeutungs- und Unterdrückungsregime. Ein brutaler Subunternehmer-Kapitalismus ohne halbfeudale Basis, wie man ihn aus Ländern wie Polen und Nordkorea kennt, mit korporatistischen Elementen wie dem Kibbuz-System, das die gesamte Produktionsweise durchzieht — das ist die «wirtschaftliche Freiheit», die der Zionismus seinem «eigenen» Volk bietet. Politisch? Ein faschistisches Regierungssystem mit einem korrupten Präsidenten auf Lebenszeit (Netanjahu), der das Parlament und die Gerichte praktisch ausser Kraft gesetzt hat und das palästinensische wie das israelische Volk mit eiserner Faust regiert, finanziert durch die Hunderte von Milliarden Dollar, die seine imperialistischen Geldgeber an sein Regime zahlen. Die faschistische Regierung war zu Beginn dieses Jahres das Ziel eines breiten demokratischen Protests der israelischen Bevölkerung. Somit ist es für jeden, der Augen im Kopf hat, klar, dass der Feind sowohl des palästinensischen als auch des israelischen Volkes der zionistische Parasit auf ihrem Rücken ist. Und dieses Monster muss mit Gewalt beseitigt werden, so wie es auch mit Gewalt geschaffen wurde, damit Palästina frei, unabhängig, multinational und demokratisch werden kann.

Dies wird und kann kein friedlicher Wandlungsprozess sein. Um es mit den Worten des antikolonialen Psychologen Frantz Fanon zu sagen:

Nationale Befreiung, nationale Wiedergeburt, Rückgabe der Nation an das Volk, Commonwealth, wie die verwendeten Rubriken und neu erfundenen Formeln auch heissen mögen — die Dekolonisation ist immer ein Phänomen der Gewalt [...] die Dekolonisation ersetzt ganz einfach eine bstimmte «Art» von Menschen durch eine andere «Art» von Menschen.2

Dieser Dekolonisierungsprozess ist nach jahrelangem Schlummer nun wieder erwacht.

#2. WER ANDEREN EINE GRUBE GRÄBT, FÄLLT SELBST HINEIN...

Das palästinensische Volk hat sich in einem gerechten nationalen Befreiungskrieg gegen die zionistischen Besatzer erhoben. Der «Staat Israel», das illegale zionistische Gebilde, das sich wie ein Parasit dem palästinensischen und dem israelischen Volk aufdrängt und es aussaugt, ist in seinen Grundfesten erschüttert worden. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels ist die von der Hamas geführte Offensive noch immer nicht vollständig zurückgeschlagen, trotz des bereits begonnenen Völkermords an der Bevölkerung des Gaza-Ghettos durch die Israelischen «Verteidigungs»streitkräfte.

Unser Standpunkt als Kommunisten zur Palästinafrage ist klar: Wir stehen voll und ganz für die nationale Selbstbestimmung des palästinensischen und des israelischen Volkes. Das faschistische Gebilde, das sich «Staat Israel» nennt, vertritt jedoch weder das eine noch das andere; es vertritt nichts anderes als eine Handvoll Subunternehmer, die den Interessen des westlichen imperialistischen Blocks dienen, sowie die europäischen und nordamerikanischen Siedler, die es als Schocktruppen gegen das palästinensische Volk einsetzt. Es genügt, daran zu denken, dass sich die Apartheid in «Israel» nicht nur auf die palästinensischen Muslime, sondern auch auf israelische Muslime, palästinensische Juden, Christen verschiedener Nationalitäten und sogar äthiopische Juden mit «israelischer» Staatsbürgerschaft erstreckt. Der Schwindel dass es sich hier um einen «jüdischen Staat» handelt löst sich in Luft auf und das wahre Gesicht des zionistischen Staates kommt zum Vorschein: eine Farce, die vom Imperialismus, vor allem dem US-Imperialismus, unterstützt wird, ein tollwütiger Hund, der mit nuklearen Krallen bewaffnet ist, um die arabischen Völker vom Rebellieren abzuschrecken. Er ist der Vorposten der US-amerikanischen und anderer westlicher imperialistischer Streitkräfte in Westasien.

Was wir wollen, ist die Unabhängigkeit Palästinas von dieser imperialistischen Auferlegung, eine einheitliche, multinationale, revolutionär-demokratische Volksrepublik Palästina, eine Räterepublik, mit dem Recht auf Selbstbestimmung für sowohl das palästinensische als auch das israelische Volk, statt für die siedlerkolonialen Subunternehmer-Parasiten, die illegal palästinensisches Land besetzen. Wir unterstützen jeden gerechten Aufstand des palästinensischen Volkes gegen die Siedlerkolonialherrschaft, ebenso wie wir jede demokratische Bewegung des israelischen Volkes gegen das faschistische Regime Netanjahus unterstützen. Das Recht auf Selbstbestimmung ist nicht verhandelbar. Lenin hat den Nagel auf den Kopf getroffen, als er sagte:

Unsere Partei fürchtet sich nicht, öffentlich zu erklären, dass sie einem Krieg oder einen Aufstand begrüssen würde, den Irland gegen England; Marokko, Algerien oder Tunesien gegen Frankreich; Libyen gegen Italien; die Ukraine, der Iran oder China gegen Russland und so weiter beginnen könnten.3

Zionismus und Antisemitismus sind Zwillinge. Der Zionismus kann ohne Antisemitismus nicht existieren. Die Tatsache, dass die zionistischen Besatzer die Hamas in Gaza an die Macht gebracht haben, um den Einfluss der säkularen Nationalisten zu schwächen, ist Beweis genug dafür; ausserdem würde der «Staat Israel» ohne Antisemitismus den nationalen Mythos verlieren, der die Grundlage seiner Existenz bildet, sein Alibi — den Holocaust, der für den zionistischen Siedlerkolonialismus die gleiche Funktion erfüllt wie die religiöse Verfolgung der Pilgerväter für die USA, die Zwangsarbeit von Sträflingen für Australien und die britischen Konzentrationslager während der Burenkriege für den südafrikanischen Siedlerkolonialismus. Wir sollten uns vor Augen halten, dass die systematische Besiedlung Palästinas durch die Zionisten nach dem Ersten Weltkrieg begann, nicht erst nach dem Holocaust. Und die objektive Rolle, die der zionistische Staat in der Weltpolitik spielt, ist glasklar — wie Mao Zedong sagte, ist «Israel» das «Stützpunktgebiet des Imperialismus» in Westasien.1 Abschliessend sollten wir uns vor Augen halten, dass, wie ich im ersten Teil dieses Artikels dargelegt habe, die grosse Mehrheit der Israelis keine Siedler sind und es auch nie waren. Im Allgemeinen sind die Nachkommen der Überlebenden des Holocaust keine Siedler; diese Rolle spielen die Nachkommen derjenigen, die Europa vor dem Holocaust verlassen haben und die Überlebenden des Holocaust zu ihren privaten Lohnsklaven machten.

Ausserdem erkennt selbst die Hamas die grundlegende Tatsache an, dass es einen Unterschied zwischen Israelis und Siedlern gibt:

Das palästinensische Volk ist ein Volk, das sich aus allen Palästinensern innerhalb und ausserhalb Palästinas zusammensetzt, unabhängig von ihrer Religion, Kultur oder politischen Zugehörigkeit.

[...]

Die Hamas bekräftigt, dass ihr Konflikt mit dem zionistischen Projekt und nicht mit den Juden aufgrund ihrer Religion besteht. Die Hamas kämpft nicht gegen die Juden, weil sie Juden sind, sondern sie kämpft gegen die Zionisten, die Palästina besetzen. Dennoch sind es die Zionisten, die das Judentum und die Juden ständig mit ihrem eigenen kolonialen Projekt und illegalen Gebilde identifizieren.4 [Meine Hervorhebung.]

Mit anderen Worten: Das palästinensische und das israelische Volk, die beide gegen den siedlerkolonialen, reaktionären und faschistischen «Staat Israel» rebellieren, sollten eine Einheitsfront für Demokratie und nationale Befreiung bilden. Dies erfordert natürlich eine rekonstituierte Kommunistische Partei in Palästina. Aber wir müssen praktisch sein. Eine solche Kommunistische Partei gibt es nicht und wird es auch in den nächsten Jahren nicht geben, bis sich eine Gruppe von Kommunisten beider Nationalitäten, die Palästina bewohnen, dieser historischen Verantwortung stellt — eine konkrete Verbindung des palästinensischen Kampfes um Land und des israelischen Demokratie- und Arbeiterkampfes auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes gegen Imperialismus und Zionismus. In der Zwischenzeit haben wir keine andere Wahl, als an der von Marx und Engels im Kommunistischen Manifest dargelegten Politik festzuhalten:

[...] die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.5

#3. ... UND PLÖTZLICH SIND DIE GRUBENGRÄBER ENTSETZT

Manche sehen das jedoch nicht so. Die nepalesischen und chinesischen Revisionisten, welche sich beide auf die Namen von Marx, Lenin und Mao Zedong berufen, während sie jedes Prinzip und jede Politik, für die sie standen, negieren und in der Praxis die abscheulichsten und stiefelleckendsten Verräter am Marxismus-Leninismus-Maoismus sind, stellen sich hinter den völkermörderischen «Staat Israel» in seinem Kampf gegen das palästinensische und israelische Volk. Prachanda, der frühere maoistische, heute revisionistische Anführer Nepals, der 2006 die nepalesische Revolution verriet und zum Prostituierten des britischen Imperialismus und des indischen Expansionismus wurde, erklärte kürzlich auf Twitter:

Ich verurteile unmissverständlich den Terroranschlag in Israel heute Morgen. Berichten zufolge sind neun Nepalis verletzt worden. In dieser kritischen Stunde spreche ich den verletzten Nepalis und anderen unschuldigen Opfern und ihren Familien mein tief empfundenes Mitgefühl aus.6

Das revisionistische chinesische Aussenministerium schloss sich ihm mit der folgenden Erklärung an:

China ist zutiefst besorgt über die derzeitige Eskalation der Spannungen und Gewalt zwischen Palästina und Israel. Wir rufen die betroffenen Parteien auf, Ruhe zu bewahren, Zurückhaltung zu üben und die Feindseligkeiten sofort zu beenden, um die Zivilbevölkerung zu schützen und eine weitere Verschlechterung der Lage zu vermeiden.

Das Wiederaufflammen des Konflikts zeigt einmal mehr, dass der langwierige Stillstand des Friedensprozesses nicht von Dauer sein kann. Der grundlegende Ausweg aus dem Konflikt liegt in der Umsetzung der Zweistaatenlösung und der Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina. Die internationale Gemeinschaft muss mit grösserer Dringlichkeit handeln, sich stärker in die Palästinafrage einbringen, die baldige Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen Palästina und Israel erleichtern und einen Weg finden, um einen dauerhaften Frieden zu schaffen. China wird weiterhin unermüdlich mit der internationalen Gemeinschaft auf dieses Ziel hinarbeiten.7

Diese revisionistischen Verräter stellen sich, jeder auf seine Weise, gegen den gerechten Kampf der Völker Palästinas gegen die faschistischen zionistischen Besatzer.

Prachanda begnügt sich damit, den nationalen Befreiungskrieg zu verurteilen, weil seine Interessen mit denen des westlichen imperialistischen Blocks verknüpft sind. Zu diesem Zweck befürwortet er einen offenen Sozialchauvinismus, das heisst die Unterstützung der nationalen Unterdrückung unter dem Banner des Sozialismus.

China verurteilt beide Seiten und ruft zur konfuzianischen «Zurückhaltung» auf, weil der nationale Befreiungskrieg das empfindliche Kräfteverhältnis in Westasien stören könnte, das der chinesische Sozialimperialismus (das heisst Sozialismus im Namen, Imperialismus in Taten) so geduldig zu seinen Gunsten und nicht zu denen des US-Imperialismus verschoben hat. (Siehe Chinas jüngste Vermittlung eines «Waffenstillstands» zwischen dem Iran und dem saudischen Staat.) Deshalb propagieren die Chinesen den Sozialpazifismus (das heisst, die Ablehnung gerechter Befreiungskriege unter dem Deckmantel der «Ablehnung aller Kriege»), wenn es ihnen passt (in Palästina), so wie sie zu anderen Zeiten den Sozialchauvinismus vertreten (gegenüber den Philippinen, Vietnam und Tigray).

Beide Standpunkte wären ein Verrat an den Völkern Palästinas, wenn diese Revisionisten nicht schon vor vielen Jahren alle Völker der Welt verraten hätten.

In der Schweiz wurde der sozialpazifistische Standpunkt am besten vom sozialdemokratischen Nationalrat und ehemaligen Präsidenten der Juso, Fabian Molina, vertreten:

Israelische Zivilisten verschleppen und Raketen auf Städte zu schiessen, ist niederträchtig. Aus Rache dann palästinensischen Spitälern den Strom abzustellen, ist aber genauso falsch.

Aber es gibt auch Genossen, die sich vom Sozialchauvinismus und Sozialpazifismus der Revisionisten täuschen lassen. Diese Genossen verurteilen nicht den nationalen Kampf des palästinensischen Volkes, sondern stellen sich «nur» gegen die gegenwärtige Offensive der Hamas, die heute der wichtigste Ausdruck dieses Kampfes ist, indem sie sie mit den Aktionen der Zionisten gleichsetzen. Natürlich sind wir nicht mit der Hamas einverstanden — sie sind keine Kommunisten, sondern islamische Fundamentalisten. Als Nationalisten, und besonders als Nationalisten der reaktionären Sorte, unterstützen wir sie nur solange, bis sie die nationale Selbstbestimmung Palästinas errungen haben, und keinen Schritt weiter, da ihre feudale Ideologie dann die Revolutionierung der Produktionsverhältnisse, die Entwicklung der Produktivkräfte und das Entstehen einer echten palästinensischen Bourgeoisie und eines Proletariats blockieren und sich der Rekonstituierung der Kommunistischen Partei entgegenstellen würde — so wie es die Zionisten heute tun. Aber bis zu diesem Punkt unterstützen wir sie. Danach werden die Kommunisten mit aller Kraft daran arbeiten, sie zu stürzen und eine Räterepublik zu errichten — die Völker des Iran, Algeriens und anderer Länder wissen sehr genau, dass keine «Islamische Republik» jemals ihre Interessen vertreten kann, nachdem die imperialistischen Springerstiefel ihr Gebiet verlassen haben.

Ausserdem ist die einzige wirkliche Lösung eine multinationale Volksrepublik Palästina. Die Trotskijisten von Der Funke, der Schweizer Sektion der Internationalen Marxistischen Tendenz, schlagen in einem kürzlich erschienenen Artikel eine «sozialistische Föderation ganz Palästinas, als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen und Mittleren Ostens» vor. Ohne auf die Auswirkungen einer einstufigen «sozialistischen» Revolution in Palästina und anderen westasiatischen Ländern einzugehen — ich habe bereits im ersten Teil dieses Artikels dargelegt, dass Palästina nicht kapitalistisch ist — ist es eine Tatsache, dass es nur unter der israelischen Nationalität entwickelte kapitalistische Produktivkräfte gibt; sie sind im Westjordanland nicht hoch entwickelt und im Gazastreifen praktisch nicht vorhanden. Somit würde diese Art von «Föderation» im Wesentlichen eine Neuerfindung des israelischen Kolonialismus bedeuten, allerdings in einer neuen, sozialimperialistischen Form. Die einzige Lösung ist eine national-demokratische Revolution unter Führung der Arbeiterklasse, wie sie Kamerad Mao Zedong in Über die neue Demokratie (Januar 1940) und Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben» (Dezember 1947) beschrieben hat, wie sie Lenin 1905 in Russland befürwortete (siehe Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution) und wie sie Marx und Engels 1848 in Deutschland befürworteten (siehe das Manifest der Kommunistischen Partei und Ansprache der Zentralbehörde an den Bund der Kommunisten im März 1850).

#4. DOCH WAS IST MIT DEN KRIEGSVERBRECHEN?

Tatsache ist, dass die Geiselnahme von Zivilisten, die Plünderung von Wohnhäusern und die Vergewaltigungen und Morde an Zivilisten hauptsächlich in den von Siedlern besetzten palästinensischen Gebieten stattfinden; mit anderen Worten, die fraglichen «Zivilisten» sind nicht wirklich Zivilisten im eigentlichen Sinne, sondern Teilnehmer am Krieg niedriger Intensität, den der zionistische Siedlerkolonialstaat gegen das palästinensische Volk führt. Darüber hinaus ist die Hamas keine Volksarmee, sondern eine Guerillatruppe unter reaktionärer nationalistischer Führung und kann als solche nicht mit denselben Massstäben gemessen werden wie eine Volksarmee. Ist es gut, dass solche Kriegsverbrechen begangen werden? Nein. Beeinträchtigt es im Geringsten unsere Unterstützung für den nationalen Befreiungskrieg? Wiederum nein. Solche Kriegsverbrechen waren schon immer Teil von Revolutionen und nationalen Befreiungskriegen, weil die Massen nicht denselben Kriegsgesetzen unterliegen wie reguläre Armeen; ausserdem sind solche Gesetze von Natur aus bourgeois und sollten nur dann beachtet werden, wenn eine solche Befolgung der Revolution taktisch nützt und sie nicht schwächt. Terror in die Siedler einzuflössen, die objektiv an der Kolonisierung deines Volkes beteiligt sind (und die zudem jederzeit als Reservisten in das Militär des Besatzers einberufen werden können), um sie zu zwingen, den besiedelten Gebieten zu verlassen, ist ein legitimer Grund, diese Kriegsgesetze spezifisch gegenüber Siedlern nicht zu respektieren. Letztendlich ist dies schlicht und einfach die Vergeltung der Guerilla und der Massen für den gewaltigen Berg von Kriegsverbrechen, die dem palästinensischen Volk seit fast einem Jahrhundert von den Zionisten, einschliesslich dieser Siedler, zugefügt wurden. Wir können die palästinensische Offensive dafür nicht verurteilen. Wie Mao Zedong sagte:

Dann gibt es noch eine andere Gruppe von Menschen, die da sagen: «Die Bauernvereinigungen braucht man zwar, sie haben aber die Dinge doch wohl allzusehr überspitzt.» Das ist die Auffassung jener, die den Mittelweg gehen. Was ist aber in Wirklichkeit los? Gewiss benehmen sich die Bauern auf dem Lande ziemlich «ungebärdig». Im Vollbesitz der Macht, gestatten die Bauernvereinigungen den Grundherren nicht, den Mund aufzumachen, und fegen ihr Ansehen hinweg. Das ist so, als hätten sie die Grundherren zu Boden geworfen und ihnen noch den Fuss auf den Nacken gesetzt. «Ihr kommt auf die Sonderliste!" drohen die Bauern den [Feudalherren], belegen sie mit Geldstrafen, treiben von ihnen Kontributionen ein, zerschlagen ihre Sänften. Menschenhaufen dringen in die Häuser der den Bauernvereinigungen feindlichen örtlichen Tyrannen und des üblen Landadels ein, schlachten ihre Schweine und führen ihr Getreide weg. Zuweilen vergewaltigen die Leute auf den elfenbeinverzierten Betten die Töchter und Schwiegertöchter der örtlichen Tyrannen und dem üblen Landadel. Beim geringsten Anlass ergreifen sie einen dieser Herren, setzen ihm einen hohen Papierhut auf und führen ihn durchs Dorf, wobei sie rufen: «Heute sollst du uns kennenlernen, übler Landadel!» Indem sie tun und lassen, was ihnen beliebt, und das Unterste zuoberst kehren, wird im Dorf eine Art Terroratmosphäre geschaffen. Das ist es eben, was manche Leute «Überspitzungen» nennen, oder wovon sie sagen: «Beim Korrigieren eines Fehlers das Mass überschritten» oder «Das ist wirklich unerhört». Solche Urteile mögen plausibel erscheinen, doch sind sie in Wirklichkeit ebenfalls falsch. Erstens haben die örtlichen Tyrannen und der üble Landadel sowie die gewalttätigen Grundherren selbst die Bauern zu diesen Dingen getrieben. Seit jeher haben sie ihre Macht missbraucht, um die Bauern zu tyrannisieren und auf ihnen herumzutrampeln, und eben dadurch kam es zu derartig heftigen Widerstandsaktionen der Bauern. Die stärksten Revolten und ernsthaftesten Unruhen ereigneten sich stets gerade dort, wo die örtlichen Tyrannen und der üble Landadel sowie die gewalttätigen Grundherren die schlimmsten Grausamkeiten begangen hatten. Die Bauern haben einen scharfen Blick. Wer schlecht ist und wer nicht, wer am schlimmsten gewütet hat und wer etwas milder war, wem eine strenge Strafe gebührt und wer mit einer leichteren davonkommen darf — über all das führten die Bauern ganz genaue Rechnung, und selten kommt es vor, dass das Mass der Sühne das der Schuld übersteigt. Zweitens ist eine Revolution kein Gastmahl, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen oder Deckchensticken; sie kann nicht so fein, so gemächlich und zartfühlend, so massvoll, gesittet, höflich, zurückhaltend und grossherzig durchgeführt werden. Die Revolution ist ein Aufstand, ein Gewaltakt, durch den eine Klasse eine andere Klasse stürzt. Die Revolution im Dorfe ist eine Revolution, in der die Bauernschaft die Macht der feudalen Grundherrenklasse stürzt. Ohne die maximale Kraftanstrengung ist es der Bauernschaft unmöglich, die seit jahrtausenden tiefeingewurzelte Macht der Grundherrenklasse zu brechen. Auf dem Lande muss es zu einer gewaltigen revolutionären Aufwallung kommen; erst dann kann man die Millionenmassen in Bewegung setzen, damit sie zu einer gigantischen Kraft werden. Alle obenerwähnten und als «Überspitzungen» bezeichneten Handlungen entsprangen der Kraftentfaltung der Bauern, die durch den mächtigen revolutionären Aufruhr auf dem Lande hervorgerufen wurde. Diese Handlungen sind in der zweiten Periode der Bauernbewegung (der Periode revolutionärer Aktionen) höchst notwendig. In dieser zweiten Periode muss man die uneingeschränkte Macht der Bauern errichten. Da darf man eine boshafte Kritik an den Bauernvereinigungen nicht dulden. Da muss man die Macht des Landadels vollends stürzen, die Landadligen zu Boden werfen und ihnen sogar den Fuss auf den Nacken setzen. In der zweiten Periode sind alle jene Handlungen, die man «Überspitzungen» nennt, von revolutionärer Bedeutung. Geradeheraus gesagt, in jedem Dorf ist eine kurze Periode des Terrors notwendig, andernfalls ist es völlig unmöglich, die Tätigkeiten der Konterrevolutionäre auf dem Lande zu unterdrücken und die Macht der Schenschi zu brechen. Um einen Fehler zu korrigieren, muss man das Mass überschreiten, andernfalls kann der Fehler nicht korrigiert werden.8 [Meine Hervorhebungen.]

Oder, mit anderen Worten, wie es in den religiösen Texten der Völker Palästinas selbst heisst:

Und wenn jemand einen Menschen erschlägt, so muss er unbedingt getötet werden [...] Bringt aber einer seinem Nächsten eine Verletzung bei, so soll man ihm das tun, was er getan hat: Bruch um Bruch, Auge um Auge, Zahn um Zahn; die Verletzung, die er dem anderen zugefügt hat, soll man ihm auch zufügen. Wer also ein Vieh erschlägt, der soll es erstatten; wer aber einen Menschen erschlägt, der soll getötet werden. Ihr sollt ein einheitliches Recht haben, für den Fremdling wie für den Einheimischen; denn ich, der Herr, bin euer Gott.» Mose aber redete zu den Kindern Israels [...] und die Kinder Israels handelten so, wie der Herr es Mose geboten hatte.9 [Meine Hervorhebung.]

Wie sollten wir die Frage der Exzesse in revolutionären Kämpfen, Aufständen und Kriegen verstehen, wie sie Mao Zedong in dem obigen Zitat bespricht, insbesondere wenn Kriegsverbrechen begangen werden? Mao wollte damit nicht sagen, dass solche Aktionen an sich gut sind; das sind sie nicht. Es geht auch nicht darum, dass Revolutionäre Kriegsverbrechen wie Folter, Massaker oder Vergewaltigungen begehen sollten; das sollten sie nicht. Vielmehr geht es darum, dass erstens die Massen nicht dafür verantwortlich gemacht werden können, dass sie ihrer aufgestauten Wut freien Lauf lassen; zweitens, dass es historisch notwendig ist, dass die Massen Terror, das heisst, Schrecken in ihre Feinde einflössen, auch durch solche Verbrechen; und drittens, dass die Massen das Vertrauen in «Anführer» verlieren werden, die sie heruntermachen und belehren. Natürlich rechne ich damit, von einigen pseudolinken Postmodernisten als «menschenverachtend» bezeichnet zu werden. Diese werden mit Sicherheit aufschreien: «Aber Vergewaltigung ist patriarchale Gewalt! Wir können nicht einen Kampf unterstützen, in dem Vergewaltigung als Waffe eingesetzt wird!» Aber dann müsste man ja aufhören, jeden gerechten Krieg zu unterstützen. In Kriegen und Aufständen wird es immer Exzesse und Kriegsverbrechen geben. Ja, die palästinensischen Streitkräfte haben höchstwahrscheinlich ein paar hundert Festivalbesucher massakriert, aber diese Leute befanden sich auf besetztem Land, weniger als zehn Kilometer von einem Ghetto entfernt, in dem Millionen von Menschen gefangen gehalten werden, und sie — die unter ihnen, die nicht selbst Siedler waren — beschlossen, dort zu feiern. Das ist menschenverachtend! Ich bin kein Hamas-Offizier, also ist es nicht meine Aufgabe, Hamas-Soldaten daran zu hindern, solche Verbrechen zu begehen, auch wenn es Verbrechen sind. Eine kommunistisch geführte Volksarmee begeht keine solchen Verbrechen, aber Kommunisten verlieren sich auch nicht so sehr in ihren eigenen Fantasien über die «edlen palästinensischen Wilden», dass wir uns ihren nationalen Befreiungskrieg als zwingend perfekt vorstellen. Noch unverblümter ausgedrückt: Der Standpunkt, dass nationale Befreiungskriege, in denen patriarchale Gewalttaten begangen werden, überhaupt nicht unterstützt werden sollen, ist rassistisch. Wie Frantz Fanon betont hat:

Die Stadt der Kolonisierten, oder zumindestends die Eingeborenenstadt, das Negerdorf, die Medina, das Reservat, ist ein schlecht berufener Ort, von schlecht berufenen Menschen bevölkert. Man wird dort irgendwo, irgendwie geboren. Man stirbt dort irgendwo, an irgendwas. Es ist eine Welt ohne Zwischenräume, die Menschen sitzen hier einer auf dem andern, die Hütten eine auf der andern. Die Stadt der Kolonisierten ist eine ausgehungerte Stadt, ausgehungert nach Brot, Fleisch, Schuhen, Kohle, Licht. Die Stadt des Kolonisierten ist eine niedergekauerte Stadt, eine Stadt auf Knien, eine hingelümmelte Stadt. Eine Stadt von Negern, eine Stadt von Bicots. Der Blick, den der Kolonisierte auf die Stadt der Kolonialherren wirft, ist ein Blick gelein Neides. Bestitzträume. Aller Arten von Besitz: sich an den Tisch des Kolonialherren setzen, im Bett des Kolonialherrn schlagen, wenn mögich mit seienr Frau. Der Kolonisierte ist ein Neider. Der Kolonialherr weiss das genau. Wenn er jenen Blick unversehens überrascht, stellt er mit Bitterkeit, aber immer wachsam fest: «Sie wollen unseren Platz einnehmen.» Das ist wahr, es gibt keinen Kolonisierten, der nicht mindestens einmal am Tag davon träumt, sich auf dem Platzu des Kolonialherrn niederzulassen.2

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir Kommunisten revolutionäre und nationale Befreiungskämpfe, Aufstände und Kriege unterstützen, mit all dem Schrecken, den sie mit sich bringen, mit all dem Blut, dem Schweiss und den Tränen, all den Massakern, all den Kriegsverbrechen, all dem Tod und dem Leid, weil es uns darum geht, die Welt tatsächlich zu verändern, und eine solche Veränderung kann nur von den Massen herbeigeführt werden, und die Massen sind keine perfekten Universitätsstudenten ohne die geringste «problematische» oder «kritische» Idee in ihrem Hirn.

Gerade deshalb wollen wir Kommunisten den Krieg durch den Krieg abschaffen, indem wir den letzten Krieg führen, den weltweiten Volkskrieg zur Abschaffung von Ausbeutung und Unterdrückung überall auf der Welt, damit es nie wieder Krieg, Massaker und Brutalität geben wird. Aber nur ein naives Kind oder ein bourgeoiser Humanist könnte glauben, dass unsere Ausbeuter und Unterdrücker nach jahrhundertelanger pazifistischer Agitation gegen «jeden Krieg» plötzlich anfangen werden, auf sie zu hören und uns Frieden zu geben — und uns darüber hinaus nicht ihre Pax Romana, ihren «römischen Frieden» der Friedhöfe, ihren Frieden der Ausbeutung und Unterdrückung anbieten, der schlimmer ist, als jeder gerechte Krieg, selbst der brutalste, jemals sein könnte.

Wir dürfen uns nicht auf abstrakte Forderungen oder Wunschdenken beschränken: Wir müssen Stellung für die aktuelle, reale Offensive beziehen.

#5. UND WENN DIE HAMAS KAPITULIERT?

Und wenn nun die Hamas kapituliert? Was dann? Es hat bereits Anzeichen für bevorstehende «Verhandlungen» mit den Zionisten gegeben, obwohl es zweifelhaft ist, dass der Siedlerkolonialstaat nach der soeben erlittenen tiefen Demütigung Gespräche mit der Hamas akzeptieren wird. Wahrscheinlicher ist, dass wir nun den Beginn eines langandauernden, völkermörderischen Vernichtungskrieges seitens «Israels» erleben werden, der die Hamas in die Rolle zwingen wird, die sie lieber nicht spielen möchte — die Rolle, plötzlich für die Interessen ihrer Nation kämpfen zu müssen, anstatt für ihre eigenen Interessen.

Die Hamas hat zwar aufgrund ihres Nationalismus den Rückhalt der Massen in Gaza, vertritt aber nicht deren grundlegende Interessen. Obwohl im Rahmen dieser Offensive eine gewisse Massenmobilisierung stattgefunden hat, ist diese keineswegs ausreichend, und genau dieses Versagen bei der Mobilisierung der Massen wird über das Scheitern des Aufstandes entscheiden. Damit dieser Aufstand (oder der darauf folgende Krieg) Aussicht auf Erfolg hat, muss er mit revolutionären Massenaktionen, mit einer neuen Intifada, verbunden werden.

Sollte die Hamas kapitulieren, wird der Kampf weitergehen. Als die Fatah vor den Zionisten kapitulierte und Arafat zur Galionsfigur des Bantustan-Marionettenregimes im Westjordanland wurde, übernahmen Gruppen wie die Hamas und die Volksfront zur Befreiung Palästinas [PFLP] die Führung im palästinensischen Widerstandskampf. Ein solcher Wechsel würde zweifellos wieder eintreten, sollte die Hamas kapitulieren. Solche Verrate, Kapitulationen und Umstürze sind Teil des normalen Prozesses nationaler Befreiungsbewegungen, und dies ist ein Teufelskreis, den alle solchen Bewegungen durchlaufen, bis sie lernen, sich von einer proletarischen politischen Partei leiten zu lassen, die mit einer kohärenten Ideologie ausgestattet ist: dem Marxismus-Leninismus-Maoismus.

Das palästinensische Volk wird aus diesem Kampf lernen und seine Lehren ziehen. Aber der einzige Ausweg aus der Besatzung und dem Völkermord besteht für sie darin, dass sie einen proletarische Führungskern hervorbringen und sich mit dem israelischen Arbeitenden vereinigen, um die Mauern von beiden Seiten durch einen revolutionären Krieg zu stürmen und zu zerschlagen. Dies ist die Perspektive und der einzige Ausweg für die Völker Palästinas.

In der Zwischenzeit werde ich weiterhin jeden unterstützen, der bewaffneten nationalen Widerstand gegen die Zionisten und ihre westlichen imperialistischen Strippenzieher leistet, und jeder, der mit mir über «Gräueltaten» reden will, kann mit all den anderen imperialistischen Kriegstreibern herumheulen, die sich nur dann für Kriegsverbrechen interessieren, wenn sie (ächz!) Unterdrückernationalitäten betreffen, während sie über den andauernden Völkermord an den unterdrückten Nationalitäten schweigen, seit es das imperialistische System gibt, einschliesslich seit 1918 in Palästina.


  1. Mao Zedong: Ihr kämpft auf eure Weise und wir kämpfen auf unsere (24. März 1965 

  2. Frantz Fanon: Die Verdammten dieser Erde (1961) 

  3. Nikolaj Lenin: Offener Brief an Boris Souvarine (9. bis 11. Januar 1917) 

  4. https://hamas.ps/en/post/678/A-Document-of-General-Principles-and-Policies 

  5. Karl Marx und Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei (Dezember 1847-Januar 1848) 

  6. @cmprachanda (7. Oktober, 2023) 

  7. https://www.fmprc.gov.cn/eng/xwfw_665399/s2510_665401/202310/t20231008_11157299.html 

  8. Mao Zedong: Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan (16. bis 18. Februar, 1927) 

  9. Buch Levitikus, Kapitel 24